OLG Koblenz: Zur religiösen Erziehung eines Pflegekindes

Viele Pflegeeltern, welche in religiös geprägten Gegenden leben, aber auch bekennend religiöse Pflegeeltern wünschen sich, dass ihr Pflegekind im eigenen Glauben bzw. im Glauben des Umfelds großgezogen werden kann. In rechtlicher Hinsicht ist die Bestimmung des religiösen Bekenntnisses eines Kindes ein Teil des Sorgerechts. Der Inhaber der elterlichen Sorge ist befugt, hier zu entscheiden. Besonderheiten sind zu beachten, wenn das Sorgerecht einem Vormund zusteht, z.B. dem Jugendamt als Amtsvormund. Ein Vormund kann das religiöse Bekenntnis nur dann ausüben, wenn diese Bestimmung noch nicht getroffen wurde. Ein Vormund hat insoweit also lediglich das sogenannte Erstbestimmungsrecht, § 3 RelKErzG (Gesetz über die religiöse Kindererziehung). Und zudem benötigt der Vormund vor der Bestimmung des religiösen Bekenntnisses eine Genehmigung des Familiengerichts.

Wegen näherer Erläuterungen zur rechtlichen Problematik verweise ich auf meinen Aufsatz „Genehmigung der Taufe eines Pflegekindes“ in der Rubrik „Vormundschaft“ auf dieser Webseite.

Das OLG Koblenz hat in einem Beschluss vom 23.10.13 (FamRZ 2014, 1122) hierzu eine Entscheidung getroffen, welche in besonderer Weise auch die gewachsenen Bindungen eines Pflegekindes berücksichtigt und die Tatsache, dass ein Pflegekind die Möglichkeit haben soll, der gleichen Religionsgemeinschaft anzugehören, wie seine engsten Bezugspersonen, die Pflegeeltern.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Das 2007 geborene Kind C. lebt seit Juni 2008 in einer Pflegefamilie, und zwar auf Dauer. Die elterliche Sorge wird vom Jugendamt als Vormund ausgeübt. Das Jugendamt beantragte die Genehmigung einer Entscheidung, das Kind katholisch taufen zu lassen. Hiergegen wandten sich die leiblichen Eltern. Diese waren zwar mit einer Taufe von C. einverstanden, aber nur, wenn er evangelisch getauft werde. Ein weiteres Kind der leiblichen Mutter (nicht des Vaters) sei evangelisch getauft und für ein weiteres, das sich im Moment in einem Heim befindet, sei dies auch geplant. Nach Anhörung aller Beteiligten genehmigte das Amtsgericht dem Vormund die beabsichtigte katholische Taufe.
Gegen diese Entscheidung legten die leiblichen Eltern Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde aber zugunsten des Jugendamtes und des betroffenen Pflegekindes abgewiesen. Das OLG Koblenz bestätigte also die Genehmigung des Amtsgerichts und begründete seine Entscheidung sehr kindzentriert.

Das OLG Koblenz hat im Beschluss vom 23.10.2013 (FamRZ 2014, 1122) ausgeführt:

„Das Amtsgericht geht zunächst zutreffend davon aus, dass das Jugendamt als Vormund zur Entscheidung berufen ist (§ 3 II RelKErzG), da es die alleine elterliche Sorge innehat.
Es nimmt auch richtig an, dass der Entscheidung des Jugendamtes keine vorgängige Bestimmung der Eltern entgegen steht (§ 3 VI RelKErzG). Dies lässt sich den Ausführungen der Eltern, insbesondere der Mutter bei ihrer Anhörung, nicht entnehmen. Das Kind wurde von seinen Eltern nicht getauft; eine ernstliche und endgültige Entscheidung hierzu wurde nicht getroffen. Dass eine Taufe möglicherweise im Raum stand, wie das bei der Anhörung dargestellt wurde, reicht nicht aus. (…)
Die Entscheidung des Vormunds entspricht auch nach dem gegenwärtigen Sachstand dem Wohl des Kindes. C. befindet sich in Dauerpflege, und zwar seit Mitte 2008, da war er 9 Monate alt. Eine Rückführung zu den leiblichen Eltern ist nicht beabsichtigt. D. h. C. wird im sozialen Umfeld der Pflegefamilie weiter aufwachsen und dazu gehört, wenn die Pflegeeltern – wie hier – bekennend religiös sind und einer Religionsgemeinschaft angehören, auch dieses religiöse Umfeld. Es ist einem Kind kaum klar zu machen, warum es einer anderen Religionsgemeinschaft angehört als seine nächsten Bezugspersonen und auch seine – zu erwartenden – Geschwister. Wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat, kann es ohnehin selbst entscheiden, zu welchem religiösem Bekenntnis es sich halten will (§ 5 RelKErzG).“

Zu der Gesamtproblematik des religiösen Bekenntnisses eines Pflegekindes existieren leider nur wenige veröffentlichte Entscheidungen, zumal obergerichtliche Entscheidungen. In vergleichbaren Streitfällen dürfte es daher angezeigt sein, zukünftig die Entscheidung des OLG Koblenz und die vom OLG Koblenz herausgearbeiteten Kriterien zu benennen.
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