LG Hannover: Vorrangige Bestellung von Pflegeeltern zu Vormündern

Das LG Hannover betont die vorrangige Bestellung von Pflegeeltern zu Vormündern anstelle des Jugendamtes. In einem Beschluss vom 06.02.2007 (FamRZ 2007, 1909 f.) hebt das LG Hannover den gesetzlichen Vorrang von Pflegeeltern als Einzelvormündern gegenüber einer Amtsvormundschaft hervor. In dem entschiedenen Fall wurden Inkognito-Pflegeeltern anstelle des Jugendamtes zu Vormündern bestellt. In der Begründung führt das LG aus:

„Die Pflegeeltern waren zum Vormund der Kinder zu bestellen. Gem. § 1887 I BGB hat das Vormundschaftsgericht das JA als Vormund zu entlassen und einen anderen Vormund zu bestellen, wenn dies dem Wohl des Mündelsdient und eine andere als Vormund geeignete Person vorhanden ist. Gem. § 1791 b I „kann auch“ das JA zum Vormund bestellt werden, wenn eine als ehrenamtlich einzeln zum Vormund geeignete Person nicht vorhanden ist. Daraus ergibt sich eine eindeutige gesetzliche Rangfolge zugunsten natürlicher Personen, die Bestellung des JA ist die Ausnahme.

Die antragstellenden Pflegeeltern sind geeignet, die Vormundschaft zu übernehmen. Unfähigkeits- oder Untauglichkeitsgründe gem. §§ 1780, 1781 BGB liegen nicht vor. Weder das JA noch die Mutter ziehen die Geeignetheit der Pflegeeltern zur Führung der Vormundschaft in Zweifel; vielmehr wird ihre generelle Geeignetheit gerade betont. Aus den grundsätzlichen Bedenken des JA zu möglichen Belastungen oder Überforderungen von Einzelvormündern im Verhältnis zu auch außerordentlich schwierigen leiblichen Eltern kann auch nicht in Verbindung mit den konkreten Ankündigungen der Mutter, auf jeden Fall den Kontakt suchen zu wollen, geschlossen werden, die hier betroffenen Pflegeeltern seien zu gegebener Zeit sicherlich überfordert und das Betreuungsverhältnis zugunsten der Kinder gefährdet. Auch auf Nachfrage des LG hat das JA keine konkreten Anhaltspunkte nennen können, weshalb abzusehen sein muss, dass speziell diese Pflegeeltern bei einer gebotenen individuellen Betrachtung die denkbaren Bedrohungssituationen nicht würden meistern können. Sollte es in der zur Zeit noch nicht einmal absehbaren Zukunft zu der Frage der Anbahnung und Durchführung von Besuchskontakten mit der leiblichen Mutter kommen, hätten die Pflegeeltern auch als Vormünder Anspruch auf Beratung und Unterstützung des JA. Unabhängig davon hat das JA auch bei Vormündern von sich aus die Möglichkeit, notfalls über das Vormundschaftsgericht Einfluss zu nehmen.

Die Übertragung der Vormundschaft auf die Pflegeeltern entspricht auch dem Wohl der Kinder. Sie leben bereits seit Jahren bei den Pflegeeltern. Die mit der Übertragung der Vormundschaft einhergehende größere rechtliche Verbundenheit der Pflegeeltern zu den Kindern erhöht die Sicherheit dafür, dass die Verbindung zu den Pflegeeltern aufrechterhalten bleibt. Insbesondere gibt es keinen Grund dafür, dass es dem Wohl der Kinder mehr entspricht, das JA als Vormund zu behalten“.

Rechtsanwalt Steffen Siefert
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